Unsere geplante Tour von 1100 km war im Sommer 2009 nach unseren UNI Abschlüssen von Marburg aus gestartet. Die Tour ging zwei Wochen. Alles ganz genau nachlesen könnt ihr hier!
Natürlich haben wir jeden Abend einen kleinen Tagestourbericht geschrieben, damit ihr auch sehen konntet das wir uns wirklich von A nach B bewegt haben.
„Wir planen eine Aufteilung der Strecke, die wir größtenteils selber mit Rollstuhl abfahren werden, aber auch die öffentlichen Verkehrsmittel zur Hilfe heranziehen. Mit dem Rollstuhl versuchen wir pro Tag ca. 50 km zu überwinden.
Es ist uns natürlich klar, dass unser Projekt einer guten Vorbereitung bedarf. Und wir brauchen Hilfe und Unterstützung. Dabei geht es zum einen um technische Unterstützung mit Ersatzrollstühlen, Ersatzbatterien, (mobile Lademöglichkeit) und andere Baugruppen für die Rollis.
Zum anderen brauchen wir ja auch Begleitfahrzeuge, die die Etappen parallel zurücklegen. Zusätzlich werden Techniker benötigt, die uns schnell und kompetent helfen können. Für Unsere täglichen Bedürfnisse brauchen wir außerdem Pflegekräfte, welche uns ständig, vor allem an den Etappenzielen, Hilfe leisten können – auch bei Nacht.
Die Idee:
Marburg im Februar 2008. Vier Studenten sitzen bei sonnigem, aber trotzdem sehr kaltem Wetter in der Küche eines Studentenwohnheimes in Marburg.
Wie immer in solchen Situationen kommen Äußerungen wie der Wunsch nach Sonne, Strand und Meer. Direkt kam uns Marseille in den Kopf. Plötzlich fiel der anfangs unüberlegte Satz: „Lasst uns doch einfach mit dem Rollstuhl dort hin fahren.“ Nachdem wir unsere Idee vertieft hatten, fragten wir uns. „Warum denn eigentlich nicht?“ Schließlich könne man ja auch Fahrradtouren in diesem Ausmaße ans Mittelmeer oder quer durch Frankreich bewältigen. Warum sollte es für einen Rollstuhlfahrer denn nicht möglich sein, eigenständig, nur mit Hilfe des Elektrorollstuhls, nach Marseille zu reisen?
Immerhin studieren wir ja auch wie jeder andere „normale“ Mensch. Sicherlich haben wir durch unsere Behinderung oft viele Barrieren im Alltagsleben zu meistern, aber sollten wir nicht dennoch die gleichen Chancen wie alle haben, und das auch über Ländergrenzen hinweg? Normalerweise dürfte dies nicht als außergewöhnlich bewertet werden. Doch wissen wir natürlich, dass wir bei solch einer Aktion viel Unterstützung benötigen, sowohl technische als auch pflegerische.
Wir hoffen mit dieser Aktion etwas Aufmerksamkeit für die Integration behinderter Menschen nicht nur in Deutschland, sondern gerade in einem zusammenwachsenden Europa auch in anderen Ländern, zu wecken. Diese außergewöhnliche Idee könnte man nutzen, um zu zeigen, dass Körperbehinderte mit etwas Unterstützung der Gesellschaft ein Leben führen können, welches nicht sonderlich benachteiligt ist.
Die einzelnen Etappen müssen geplant und Unterkünfte vorbereitet werden.
Neben der logistischen Vorbereitung benötigen wir vor allem finanzielle Mittel, die uns helfen, unser Projekt umzusetzen. Dabei geht es um die finanzielle Aufwandentschädigung für die Techniker und Hilfskräfte, Kosten für Material, Technik und andere notwendige Kosten.
Deshalb haben wir die Idee, für unser Vorhaben um Spenden zu werben. Da wir unsere Rollitour nicht nur zum Selbstzweck durchführen wollen, ist unser Gedanke, dies mit einem konkreten Projekt, zu verbinden. Einen Teil der Spenden könnte uns bei der Finanzierung helfen, der andere Teil geht an ein Hilfsprojekt. (z.B: 50 : 50) Welches konkrete Projekt dies sein wird werden wir noch entscheiden, es soll ja auch sinnvoll und transparent für die „Spender“ sein.
Geplant ist außerdem, über einen Dokumentarfilmer unser Vorhaben zu begleiten und über diese Seite auch ein Videotagebuch zu führen.
Die konkrete Vorbereitung und Umsetzung wird sicherlich viel Kraft und Stress bedeuten, aber wir wollen es unbedingt umsetzen.
Das Ziel:
Warum machen wir diese Zeitintensive Tour überhaupt? Welche Intention treibt uns an? Dies wollen wir Euch/Ihnen hier erklären.
Folgende Ziele verfolgt das Projekt:
1. Forderung nach materieller und ideeller Teilhabesicherung, dies bedeutet unter anderem das Körperbehinderte Menschen, welche auf „Assistenz“ im Leben angewiesen sind nicht nur ca. 2600€ auf ihren Konto haben dürfen. (Mit diesem Thema setzt sich auch „Forsea“ auseinander – Forderung: Forderung nach einem bedarfsdeckenden, Einkommens- und vermögensunabhängigen Teilhabesicherungsgesetz), UNO-Konvention
2. Eltern auf Integration Aufmerksam machen, vor allem Integration in „normale“ Grund-, Regel-, Gymnasialstufe aufzeigen. Eltern von behinderten Kindern Mut machen, dass sie ihre Kinder in reguläre Institutionen geben können/sollten.
3. Recht auf Mobilität und Integration: Ein Beispiel hierfür ist: Das es in letzter Zeit immer öfter passiert, dass in Omnibussen nur noch ein Rollstuhlfahrer mitgenommen werden darf. Grund hierfür ist die im September 2001 in Brüssel erlassene EU-Richtlinie 2001/85 EG. Sie regelt die Personenbeförderung in Omnibussen und in diesem Rahmen auch die Mitnahme von Rollstuhlfahrern. Hierin wird genau festgelegt, wie die Stellplätze für Rollstuhlfahrer in Bussen beschaffen sein müssen. Handeln die Busfahrer dagegen müssen sie mit hohen Bußgeldstrafen rechnen.
4. Wir wollen andere RollifahrerInnen motivieren, positiv an ihr Leben zu gehen. Als Positives Beispiel können wir hier das Studentenwohnheim „Konrad Bisalski Haus in Marburg nennen, wo wir selber leben. Hier leben 2/3 „normale“ StudentInnen und 1/3 körperbehinderte StudentInnen zusammen, es gibt eine 7x24h Pflege, was den Studierenden eine große Unabhängigkeit erlaubt.
5. Ankommen in Marseille 🙂
Wir wollen mit der Tour zeigen, dass Behinderte sich nicht zu verstecken haben. Sicherlich gibt es im Alltagsleben viele Schwierigkeiten, die ein barrierefreies Leben erschweren und viele Dinge, die verändert werden müssen. Andere Probleme hingegen lösen sich oft von ganz alleine. „Integration von Behinderten“ – bedeutet u.a. dass die Gesellschaft Berührungsängste und Vorurteile abbauen muss und Behinderte als Menschen sehen sollten. Jedoch gehören auch zu einer Integration immer zwei Parteien. Eine Gruppe, die jemanden integriert und einen, der sich selbst in eine Gruppe integriert. Integration kommt also nicht von allein – auch der Wille „sich zu integrieren“ muss da sein!
Unser Aufruf geht in erster Linie an die Behinderten selbst. Kommt raus, traut euch, habt keine Angst – und lebt! Denn auch ihr solltet keine Berührungsängste haben.
Hier fordern wir vor allem die Eltern behinderter Kinder auf ihre Kinder nicht vor den anderen zu versperren. Eure Kinder haben den gleichen Anspruch zu Leben wie jedes andere Kind auch, denn schließlich ist ein behindertes Kind… im Endeffekt auch nur ein Kind, das eben die gleichen Sachen erleben möchte wie alle anderen auch.
Uns ist natürlich klar, dass der Weg dahin nicht leicht ist. Dies beginnt oft schon in der Schule, da es für ein behindertes Kind oft nur die Wahl zwischen einer zwar barrierefreien und wahrscheinlich problemlosen Schule für Behinderte gibt, die jedoch meist nicht über einen Hauptschulabschluss hinaus geht oder einer für den Bildungsweg passenden Schule, in der es jedoch immer wieder Probleme auf Grund der Erkrankung gibt (sein das nun Klassenfahrten, Ausflüge, oder einfach nur zugängliche Klassenräume).
Dass Integration dennoch (wenn auch noch lange nicht perfekt) möglich ist und man mit viel Willenskraft auch viel erreichen kann, wollen wir mit der Marburg-Marseille Tour beweisen.
Wir hoffen, dass wir so ein paar Barrieren, sowohl in den Köpfen der Menschen als auch im Alltagsleben beseitigen können.
Da wir drei sehr aktive Studierende sind, begegnen uns oft, vor allem bei der Abendgestaltung, Hürden. Wollen wir nach der Uni mit Freunden in ein Restaurant oder in eine Bar muss immer lang überlegt werden, wohin gehen wir überhaupt? Es dürfen keine Treppen vorhanden sein und der Platz muss auch ausreichend sein. Überlegen wir uns später am Abend noch mal bei einem Rollifahrer Freund anzurufen und zu fragen ob er/sie noch etwas mit einen machen wolle, muss meistens auf ein zu Hause von denen zurück gegriffen werden, da meist nicht mehr als 3 Rollis in ein Restaurant oder eine Bar passen.
Genauso gibt es Probleme beim Besuch eines Kinofilms. In den meisten Kinos gibt es gerade einmal 2 Rollstuhlplätze und diese befinden sich schlimmstenfalls in der ersten Reihe. Somit ist ein Kinobesuch für 3 Rollifahrer, die den gleichen Film sehen wollen, NIE möglich!
Auch gemeinsames Busfahren in der Stadt ist nicht so einfach möglich. Für nicht-behinderte Menschen ist gemeinsames Busfahren die „normalste“ Sache der Welt. Wer im Rollstuhl sitzt und mit einem anderen Rollstuhlfahrer gemeinsam mit dem Bus fahren will, macht mitunter ganz andere Erfahrungen. Immer öfter passiert es in letzter Zeit, dass in Omnibussen nur noch ein Rollstuhlfahrer mitgenommen werden darf. Grund hierfür ist die im September 2001 in Brüssel erlassene EU Richtlinie 2001/85 EG. Sie regelt die Personenbeförderung in Omnibussen und in diesem Rahmen auch die Mitnahme von Rollstuhlfahrern. Hierin wird genau festgelegt, wie die Stellplätze für Rollstuhlfahrer in Bussen beschaffen sein müssen. Handeln die Busfahrer dagegen müssen sie mit hohen Bußgeldstrafen rechnen. Dass diese Richtlinie einer vollkommenden Integration entgegensteht, muss hier nicht weiter erwähnt werden. Auch die Zeit, die es kostet mit mehreren Rollifahrern zu fahren, wenn jeder einen anderen Bus nehmen muss, sollte berücksichtigt werden.
Mit diesen Problemen haben alle RollstuhlfahrerInnen in ihrem täglichen Alltag zu kämpfen. Auch wenn in Deutschland viel für Barrierefreiheit getan wird.“
Hallöchen,
Habe eben den Bericht gelesen und auch den über Teneriffa.
Irgendwie habe ich mich da ganz viel selbst erkannt in meiner Sturm-und Drangzeit! Ich kann nur sagen, mach weiter so, es lohnt sich! Vieles ist möglich, man muß nur erstmal anfangen und oft auch gegen die eigene Angst und Unsicherheit angehen. Aber um so stolzer ist man, wenn man was gemacht hat, was vorher nicht möglich schien!
Ganz liebe Grüße
Kirsten